Sprachentwicklungsstörung

Störung
der Sprachentwicklung

Damit die von Sprachentwicklungsstörungen betroffenen Kinder die allerbesten Möglichkeiten für ihre weitere Entwicklung bekommen und um Behandlungszeiten zu verkürzen sowie Folgeproblematiken aktiv zu vermeiden, ist ein frühstmöglicher Behandlungsbeginn sinnvoll.

Die Kinder werden auf kindgerechte Art und Weise unter Einbeziehung der Gesamtentwicklung untersucht und behandelt . Sollte eine Behandlung nicht oder noch nicht sinnvoll sein, beraten wir die Eltern gern, wie sie die Entwicklung ihres Kindes unterstützen können.

Sie sind richtig bei uns, wenn

  • Ihr Baby nicht lallt oder aufhört zu lallen
  • Ihr Kleinkind nicht zu sprechen beginnt oder nur wenige Wörter benutzt (sogenannter Late talker)
  • Ihr Kind Sprache nicht oder nicht gut versteht (Sprachverständnisstörung)
  • die Sprache ihres Kindes schwer verständlich oder unverständlich klingt (Dyslalie, phonetische u./o. phonologische Störung, Kindliche Sprechapraxie / Verbale Entwicklungsdyspraxie (VED))
  • Ihr Kind keinen regelrechten Satzbau entwickelt (Dysgrammatismus)
  • Ihr Kind einen kleinen Wortschatz hat (semantisch-lexikalische Störung)
  • Ihr Kind stottert

Die genannten Probleme können auch in verschiedensten Kombinationen auftreten (Sprachentwicklungsstörung, Sprachentwicklungsverzögerung).

Die Behandlung bei Sprachentwicklungsstörungen

Die Behandlungen erfolgen in unserer Praxis unter Berücksichtigung neuester Erkenntnisse und unter Einbeziehung aktueller Therapieverfahren. Ebenso wichtig wie Aktualität ist  aber auch die Berücksichtigung der kindlichen Gesamtentwicklung und der familiären Bedürfnisse und Besonderheiten.

Bei kleinen Kindern bis ca. 3 Jahren gehen wir nach einer Watchful-Waiting-Konzeption vor. Dabei wird  anhand von verschiedener Untersuchungskriterien entschieden, ob das Kind einer sofortigen Therapie bedarf oder ob es sich voraussichtlich um einen sogenannten „Spätzünder“ handelt. Deren Entwicklung begleiten wir mittels regelmäßiger Kontrolluntersuchungen und Elternberatungen.

Ein weiteres Ziel ist es, dass für das jeweilige Kind , das effektivste Therapieverfahren auszuwählen und anzuwenden.

Die Auswahl des Verfahrens erfolgt nach einer ausführlichen Befunderhebung, die neben einer genauen Problemanalyse auch die Stärken des Kindes erfasst.
Aufgrund der Untersuchungsergebnisse werden entwicklungsangemessene Ziele oder Übergangsziele für das Kind festgelegt.

Die Behandlung erfolgt in der Regel 1 – 2x wöchentlich. Therapiepausen sind fester Bestandteil, da sie der Integration des Erreichten dienen. Nach einer Therapiepause werden die neuen Ziele aufgrund von Kontrolluntersuchungen festgelegt.

Die Einbeziehung der Eltern erfolgt mittels intensiven Elterngesprächen oder Elterntrainingsprogrammen. Kontakte zu Erziehern oder Lehrern werden bei Bedarf aufgenommen.

Weitere nützliche Informationen und Artikel zum Thema:

Therapiemethoden bei Sprachentwicklungsstörungen

Folgende Therapiemethoden finden u.a. in unserer Praxis Anwendung:

  • Therapieansatz nach Zollinger „Die Entdeckung der Sprache“
  • Kontextoptimierung
  • Patholinguistische Therapie
  • Konlab (Sprachförderansatz nach Penner)
  • P.O.P.T.
  • Zyklischer Therapieansatz nach Hodson & Paden
  • Neurofunktions!therapie nach Rogge (NF!T)
  • Taktkin
  • Assoziationsmethode nach McGinnis
  • KoArt
  • Klassische Artikulationstherapie
  • Myofunktionelle Therapie nach Kittel und „Grums“
  • KIDS

Sollten Sie noch unsicher sein, ob Ihr Kind Logopädie benötigt, können Sie sich auf der Website Deutscher Bundesverband für Logopädie ausführlicher über den Verlauf der Sprachentwicklung informieren oder die Offene Sprechstunde im LiZ  besuchen (freitags 13:00 –14:00 Uhr).

Der natürliche Spracherwerb

Anlässlich des europäischen Tages der Logopädie am 6.März 2013 war ich bei einer Veranstaltung in der Charité, die vom Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr eröffnet wurde, als Gastrednerin zum Thema „Spracherwerb“ geladen. Den Vortrag können Sie hier nachlesen:

Zum Schuleintritt mit ca. 6 Jahren, wenn Kinder die Kulturtechniken Lesen und Schreiben erlernen sollen, haben sie in der Regel einen aktiven Wortschatz von 6000 Wörtern.

6000 Wörter, die sie korrekt aussprechen können (z.B. „Streichhölzer“, „Getränke“), die sie zu komplexen Sätzen zusammensetzen (z.B. „ Mama, wenn ich du wäre und ich hätte es dir nicht erlaubt, dann hättest du mich doch auch überredet, oder?“), und die sie in Einzellaute zerlegen können (z.B. a-i-n  b-a-o-m).

Kinder dieses Alters verstehen sogar weit mehr Wörter als sie aktiv benutzen, nämlich bis zu 14.000 Wörtern. 14.000 Wörter, die sie in all ihren Beugungsformen erkennen (z.B. gegossen). Wörter, die sie auch dann unterscheiden können, wenn sie sich nur durch einen Laut unterscheiden (z.B. Die Kinder haben lange gelernt  vs.  Die Kinder haben lange gelärmt), deren unterschiedliche Bedeutung, die Kinder bei gleich lautender Oberfläche anhand der Begleitwörter erschließen können (z.B. der Junge  vs.  Das Junge (das Jungtier)).

Jetzt – im  Besitz all dieser Kompetenzen – sind sie bereit, den Lauten Buchstaben zuzuordnen und somit die Welt des Lesens und Schreibens zu erobern.

Schauen wir uns doch einmal genauer an, wie das Kind dorthin gelangt ist; ich habe versucht diesen Entwicklungsweg für Sie in knapper Form zu skizzieren:
Wir wissen schon lange, dass der Fetus bereits im Mutterleib hören kann. Schon in der 22. Schwangerschaftswoche sind Reaktionen auf akustische Reize nachweisbar.

Ist der Säugling auf der Welt, beobachten die Eltern mit 4-6 Monaten, dass ihr Kind seinen Kopf in Richtung einer Geräuschquelle dreht.

Was die Eltern im Alltag aber nicht so offensichtlich beobachten können, jedoch in verschiedenen jüngeren Studien nachgewiesen wurde, ist, dass der  6 Monate alte Säugling das Gehörte schon soweit verarbeiten kann, dass er seiner Muttersprache lieber zuhört als anderen. Er erkennt seine Muttersprache anhand ihrer spezifischen Betonungsmuster.

Diese Betonungsmuster spiegeln sich ab dem 7. Lebensmonat auch in den Lautäußerungen des Säuglings, dem Lallen wieder. Das Lallen stellt dann auch den ersten beobachtbaren Meilenstein der Sprachentwicklung dar. Das Baby lallt in Silbenketten, es kommen jetzt nur noch Laute der Muttersprache vor und die Betonung ähnelt sehr häufig den Wortbetonungen der Muttersprache (z.B. gaga, nane).

Der nächste Meilenstein in der Sprachentwicklung ist der trianguläre Blickkontakt. Dabei verbindet das Baby sich, sein Gegenüber und einen Gegenstand mittels seiner Blickrichtung. Der trianguläre Blickkontakt ist Voraussetzung für die Verknüpfung von Wörtern mit den zu bezeichnenden Gegenständen und ist mit ca. 9 Monaten zu beobachten.

Um den ersten Geburtstag herum spricht das Kleinkind sein erstes bedeutungsvolles Wort. In diesem Meilenstein spiegelt sich die mit dem triangulären Blickkontakt erworbene Verknüpfung zwischen Wort und Gegenstand wieder.

Etwa zeitgleich mit dem ersten Wort lernt das Kind gehen. Es beginnt Sätze in vertrauten Alltagssituationen zu verstehen, aber auch schon einzelne Gegenstände aus verschiedenen Dingen heraussuchen, also einzelne Wörter ohne erklärenden Umgebungskontext zu verstehen. Es zeigt auf Dinge, deren Namen es hören möchte, und es will die Namen der Dinge wieder und wieder hören, es erobert Schritt für Schritt und Wort für Wort seine Umwelt.

Zwischen 1 ½ und 2 Jahren hat das Kind dann einen Wortschatz von 50 Wörtern erworben. Dieser 50-Wörter-Schatz stellt den nächsten Meilenstein der Sprachentwicklung dar. Er ist die Voraussetzung für die Kombination von Wörtern und ermöglicht somit den Einstieg in die Entwicklung von Sätzen. Hat das Kind 50 Wörter gelernt, beginnt es erste Zweiwortäußerungen zu tätigen (z.B. mehr tinte (bedeutet „trinken“), ball weg) und der Wortschatz fängt an, rasant zu wachsen. Während des sogenannten Wortschatzspurtes lernt das Kind durchschnittlich täglich 9 neue Wörter. Staunend stehen wir Erwachsenen daneben und beobachten dieses Phänomen, was allerdings auch notwendig ist, wenn wir bedenken, dass es bis zur Einschulung die eingangs erwähnten 6000 Wörter zu erwerben gilt. Das Phänomen, welches das schnelle Wortlernen ermöglicht, lässt das Kind bereits ein einmal gehörtes Wort mit einer Vermutung, was dieses Wort bedeuten könnte, in seinem Gedächtnis speichern.

Nun lernt das Kind auch besonders viele Tätigkeitswörter, die der Motor zur Entwicklung des Satzbaus sind.

Zwischen 2 und 3 Jahren verknüpft das Kind Wörter zu Sätzen statt sie nur aneinander zu reihen und beginnt somit grammatische Prinzipien anzuwenden, auch wenn das zunächst für unsere Ohren noch falsch klingt. Diese scheinbar falschen Zwischenschritte folgen durchaus Prinzipien. So stellt das Kind zunächst das Tätigkeitswort immer ans Äußerungsende (z.B. Maus auch pielen, Papa ganz viel esst). Außerdem beginnt es von sich selber als „ich“ zu sprechen.

Ebenfalls zwischen 2 und 3 werden auch die etwas schwierigeren Laute Schritt für Schritt erobert. Jetzt beherrscht das Kind seine Zunge so gut, dass es die Laute lernt, die im hinteren Bereich des Mundes  gebildet werden nämlich k, g, ch und r.

Um den dritten Geburtstag herum kann das Kind dann einfache Hauptsätze bilden, bei denen das Tätigkeitswort an der zweiten Stelle steht (z.B. „Ich spiele auch mit.“ „ Jetzt fährt das Auto schnell.“). Und es kann Verben auch in der 2.Person beugen (z.B. „Du machst die Räder.“  „Spielst du mit mir?“)

In den letzten anderthalb Jahren hat sich das Sprachverstehen des Kindes mehr und mehr von der Situation, in der gesprochen wird,  abgekoppelt; jetzt mit 3 Jahren können Äußerungen rein sprachlich entschlüsselt werden, erklärende Hinweise aus der umgebenden Situation sind zum Verstehen nicht mehr nötig.

Mit dieser Fähigkeit ist das Kind auch in der Lage ein kleines Gespräch über etwas, was schon vorbei oder nicht sichtbar ist, zu führen.

Im folgenden Lebenshalbjahr, etwa zeitgleich mit der Frage nach dem „Warum“  beginnt das Kind, Nebensätze zu bilden (z.B. „wenn ich fertig bin“, „weil ich das mag“). Nun lernt es auch schwierige Lautkombinationen wie bl, fr, kn, kl, tr richtig auszusprechen.

Wenn diese Entwicklungsschritte erfolgt sind, mit ca.3 ½ bis 4 Jahren, ist der Spracherwerb in seinen Grundzügen abgeschlossen.

Ausdifferenzierungen erfolgen aber noch über mehrere Jahre.

So erlernen viele Kinder erst mit 5 Jahren die Zischlaute s,z,ts,x korrekt auszusprechen. Außerdem verfeinert sich die Fähigkeit, Wörter lautlich zu zerlegen.

Der Dativ wird von vielen Kindern sogar erst im späten Grundschulalter richtig angewendet.

Und unser Wortschatz wächst ein ganzes Leben lang weiter.

Einige Kinder haben auf dem eben skizzierten Weg Probleme, und mir begegnet oft die Frage, ab welchem Alter es sinnvoll ist, diese Kinder durch eine logopädische Therapie zu unterstützen. Wenn ich jetzt noch mal auf die eingangs dargestellten Kompetenzen, die basal für den Schriftspracherwerb sind, verweise, dann kann die Antwort nur lauten: „so früh wie möglich“. Und wenn wir den roten Faden des Wortschatzerwerbes betrachten, so ist der Meilenstein „50 Wörter“ von großer Bedeutung, weil es mittlerweile möglich ist, bei einem Kind, das mit 24 Monaten noch keine 50 Wörter spricht, mit großer Wahrscheinlichkeit  zu differenzieren, ob es sich um einen Spätzünder handelt oder um ein Kind, dass eine Sprachentwicklungsstörung auszuprägen beginnt. Sollte das Kind sich als Risikokind für eine Sprachentwicklungsstörung erweisen, so stehen uns heutzutage Therapiemethoden zur Verfügung, mit denen auch schon 2jährige kindgerecht behandelt werden können.

Je früher ein sprachentwicklungsgestörtes Kind behandelt wird, umso größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich parallel zu den sprachlichen Fortschritten auch die präliteralen Kompetenzen gut entwickeln  können, also die Fähigkeiten, die die Voraussetzungen zum Schriftspracherwerb bilden.

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